NEU Radtour 800 Meter unter der Erde - hier klicken:

Werra: Von Merkers zur Salzkristallgrotte

Montag, 4. Juni 2018

Leine: Von Hannover nach Schwarmstedt

Nun aber raus aus der Stadt, es geht weiter! Nichts kann einen Radfahrer aufhalten, weder fiese Bäume noch fieser Gegenwind aus dem Westen.

An diesem schnurgeraden Ufer geht es aus Hannover heraus, jedoch nicht an der Leine, sondern am Verbindungskanal zur Leine - das ist gewissermaßen eine Autobahnausfahrt für Schiffe, die vom Mittellandkanal runter auf die Landstraße namens Leine fahren wollen.

Nördlich von Hannover begegnet die Leine dem Mittellandkanal. Das Kanalwasser teilt sich auf zwei fette Trogbrücken auf und überquert den deutlich kleineren Fluss, um dann weiter nach Wolfsburg und Magdeburg zu führen.

Im Prinzip fließt die Leine weiter nach Norden, sie macht aber einen weiten Bogen nach Westen. Am westlichsten Punkt liegt die einzige größere Ortschaft auf diesem Abschnitt: Neustadt am Rübenberge.

Nördlich von Hannover sehen die Kleinstädte anders aus. Es gibt keinen kompletten Fachwerk-Ortskern mehr, sondern nur so Ansammlungen verschiedener niedriger, geduckter Häuschen. Laut Radführer stellt das kein sehenswertes Ortsbild da, obwohl es schon irgendwie knuffig ist. Naja, aber es gibt spannendere Städte.

Zwei große Sehenswürdigkeiten hat Neustadt am Rübenberge. Zum einen wäre da der Leinewasserfall. Er entsteht durch eine natürliche Sandsteinstufe. Ein Wasserfall, selbst ein eher niedriger, überrascht in dieser Umgebung sehr, wo doch die ganze Gegend so flach und voller Moore ist. Gegen den Wasserfall in Heiligenstadt hat der hier aber keine Chance.
In der Nähe führt eine Variante des Radwegs zum Steinhuder Meer.

Da kommt man mit einem Boot natürlich nicht runter. Deshalb trennt sich vorher von der Leine die sogenannte Kleine Leine ab, die keinen Wasserfall aufweist. Zwei Brücken führen über die beiden Flüsse in die Stadt hinein. Von dort aus sieht man auch die andere Sehenswürdigkeit: Das Schloss Landestrost.
Der Herzog Erich II. baute es im 16. Jahrhundert, als er im Fürstentum Calenberg herrschte, im Baustil der Weserrenaissance. (Warum eigentlich nicht Leinerenaissance?) Der Herzog wollte auch die Stadt in Landestrost umbenennen, aber nach seinem Tod wurde das rückgängig gemacht. Offenbar waren die Leute sehr stolz auf ihren Rübenberg. Falls sich jemand fragt, wo dieser Rübenberg eigentlich ist: Genau da, wo das Schloss steht. Im Flachland darf sich nun einmal alles, was nur ein paar Meter höher ist, Berg nennen.
Heute sieht der eine Schlossteil wie neu aus, der andere ist etwas verfallen.

Die Neustädter verwenden eine etwas spezielle Form von Werbung.

Ansonsten ist die Strecke von Hannover nach Schwarmstedt nicht ganz so reizvoll wie das Leinetal zuvor.

Die Leine mäandert in weiten Bögen durch das Land, man sieht sie jedoch nur sehr sporadisch. Der Radfahrer saust an großen Straßen entlang oder einsam durch Felder und Wälder, im Zickzack von einem kleinen Backsteindorf zum nächsten, nur um dann mal für fünf Meter auf die Leine zu treffen oder sie auf einer Brücke zu überqueren.
Violette Unterstreichungen? Fehlanzeige.

Von den zahlreichen Backsteindörfern ist mir Mandelsloh im Gedächtnis geblieben, wo ich im netten privaten Café auf dem Haasenhof eine Rast eingelegt habe.

Durch das Dorf Grindau verlief einst die Grenze zwischen den Bistümern Hildesheim und Minden, die später durch Erbteilungen zur Landesgrenze zwischen den Fürstentümern Calenberg und Wolfenbüttel wurde. Das bedeutete für die Bewohner dann auf einmal eine scharfe politische Trennung.
Solche ein Zeug kann man sich auf vergilbten Hinweistafeln durchlesen, wenn man im Wald auf einmal so erschöpft ist, dass man einfach nicht mehr kann und anhalten muss.

Und so habe ich schließlich das stille Schwarmstedt erreicht. Schwarmstedt ist staatlich anerkannter Erholungsort und relativ abgelegen, sodass es hier schon immer eher ruhig zuging, selbst in Kriegszueiten - bis dann am Ende des Zweiten Weltkriegs plötzlich um den wichtigen Aller-Brückenkopf gekämpft wurde.
Schwarmstedt ist zwar keine Metropole, aber auch nicht tot. Im Vergleich zu den benachbarten "Städten" an der Aller wie zum Beispiel Grethem oder Ahlden ist Schwarmstedt doch recht belebt, es gibt einige Restaurants, zwei Dönerbuden, einen Bahnhof - und natürlich die Leinemündung.
Bevor ich in den Zug steigen und wegfahren konnte, wollte ich mir diese Mündung noch ansehen.

Das bedeutete weitere 8,5 Kilometer, und dieselbe Strecke wieder zurück zum Bahnhof - möglichst, bevor der letzte Zug abgefahren war. Der Weg führt weiter durch den Vorort Bothmer mit einer holländischen Mühle.

Vom Dorf Grethem aus geht es noch eine Weile über holperige Feldwege und zum Schluss über eine Wiese. Und dort mündet die Leine (vorne) in die Aller. (Die kleinere Alte Leine fließt erst einige Kilometer später rein.) Die Aller wiederum fließt nicht weit von hier in die Weser, und die in die Nordsee.
Bei Grethem verkehrt eine Fähre über die Aller, die nur an 13 Tagen scheinbar zufällig ausgewählten Tagen im Jahr verkehrt. Rein zufällig war ich sogar an einem dieser Tage dort, allerdings schon nach den Betriebszeiten.

In älteren Radführern geht der Leineradweg noch weiter bis zur Allermündung nach Verden oder sogar nach Bremen.
Heutzutage führt er als Leine-Heide-Radweg folgendermaßen weiter: Zuerst geht es entlang der Aller bis Hodenhagen, sodann gibt es kurz hintereinander drei Vergnügungsparks (Serengetipark Hodenhagen, Vogelpark Walsrode, Heidepark Soltau). Nun geht es mitten durch das Kerngebiet der Lüneburger Heide (sprich, da ist nicht nur Wald, sondern wirklich noch Heidekraut) beim Heidedorf Wilsede an der Wümme und schließlich entlang der Seeve nach Hamburg.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen