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Samstag, 1. Februar 2020

Eberbach: Vom Kehr nach Göttingen

Das hier ist die Borheckstraße. Sie ist so eine Art Autobahn für all die Radfahrer und Jogger, die auf den Pfaden und Waldwegen im Göttinger Stadtwald unterwegs sind.


Unter den Betonplatten der Borheckstraße entspringt der Eberbach. Also quasi. Als ich mal nachsehen wollte, entdeckte ich keine Quelle, sondern einen düsteren Tunnel mit überraschend schöner Sandsteinfassade.
Auf jeden Fall sagt Google Maps, dass der hier anfängt. Ob das stimmt, ist nicht so leicht zu sagen, denn der Eberbach ist meistens gar nicht da.

Nur ganz selten taucht er auf - der Eberbach, sicherlich einer der unbekanntesten und unbedeutendsten Zuflüsse der Weser, der so klein ist, dass man sogar schon positiv hervorheben muss, wenn er Wasser hat.

In einer Senke durchquert der Bach einen unerforschten, verlassenen Bereich des Stadtwaldes. Da dieses Bild im Frühling entstanden ist, ist hier sogar Wasser zu sehen. Außerdem leben hier viele Buschwindröschen und Waldmäuse, die zwischen den Pflanzen zu ihren Erdlöchern huschen.

Irgendwann tauchen erste Spuren menschlicher Besiedlung auf. Der Eberbach besucht einige eingezäunte Privatgrundstücke. Ein Bach darf das, ohne Hausfriedensbruch zu begehen.

Die Spaziergänger weichen hingegen auf einen Matschweg aus, der absurderweise mehr Wasser führt als der Bach.

Dann kommt der Bach am Kehr heraus. Das ist eine Wendeschleife im Wald mit Bus-Endhaltestelle und Jägerhaus-Restaurant.

Hinter dem Jägerhaus erstreckt sich ein Wildtiergehege, in dem sogar ein weißer Hirsch lebt. Damit ist der Kehr auf einem Level mit Narnia.

Weitere interessante Orte sind eine Sternwarte und der Bismarckturm. Der sieht aus wie ein Burgturm, wurde aber erst deutlich später zu Ehren des Reichskanzlers errichtet. Darin befindet sich ein Raum, der ausschließlich von einer Bismarck-Büste ausgefüllt wird. Eine Etage höher ragt ein Aussichtspunkt gerade so über die Baumwipfel, und noch eine Etage höher ragt ein Aussichtspunkt ein ganzes Stück höher als die Baumwipfel.

Der Eberbach folgt der Straße eine Weile. Die Zivilisation rückt immer näher. Aber weil der Bach lieber noch ein bisschen mehr Wald erleben will, flieh(ß)t er lieber unter der Straße durch.

Und nun ist dieses kleine Gewässer dann doch ein bisschen beeindruckend. Der Eberbach bildet das herrliche Ebertal. Anfangs schlängelt er sich noch relativ flach durch einen grünen Teppich.

Anders als zu Beginn herrscht hier kein Mangel an Spaziergängern oder Wegen. Das zwingt den Bach ab und zu, ein weiteres Betonrohr zu passieren.

Immer steiler fallen die Seiten des Stadtwaldes ab, und immer tiefer gräbt sich der Eberbach in den Waldboden und die braunen Blätter. Er fließt durch das Ebertal. Wenn er denn fließt. Das tut er meistens im Frühling, wenn viel Regen oder Schnee fällt. Unter einer Schneeschicht sieht das Ebertal so aus.

Und wenige Tage später sieht der Eberbach dann regelrecht wie ein richtiger Bach aus.
Hinter der Holzbrücke am Waldkinderkarten knickt er nach rechts ab.

Nur wenige Meter entfernt befindet sich bereits ein Wohngebiet von Göttingen. Die ersten Häuser wagen sich bis an den Bach vor.

Deshalb muss der Eberbach seltsame Betonbecken durchqueren und immer mal wieder unter die Erde.

Kleine Quellen steuern noch ein wenig Wasser bei. Oder auch nicht, weil sie gerade ebenfalls trockenliegen.

Kinder nutzen dieses Waldgebiet zum rodeln. Oder sie bebauen den Wald mit einfachen Gebäuden aus Holz, für die sie vermutlich keine Baugenehmigung haben.

Sie bauen die Dinger sogar in den Eberbach hinein. Der ist von diesem Vorstoß der Menschen dermaßen eingeschüchtert, dass er endlich aufgibt und sich durch ein Gitter in die Kanalisation zurückzieht. So fließt er unsichtbar unter der Stadt durch und landet in der Leine.


Direkt nebenan fließt (beziehungsweise fließt nicht) übrigens ein Kollege des Eberbachs, der Hainholzgraben. Er bildet ein ebenso tiefes Tal, das bevorzugt von Mountainbikern genutzt wird. Sie haben sich hier eigene Geröllrampen errichtet, über die sie todesmutig sausen. Dabei werden sie nur extrem selten von so etwas wie Wasser gestört. Der Hainholzgraben sollte eher Mountainbikergraben heißen.