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Werra: Von Merkers zur Salzkristallgrotte

Donnerstag, 13. August 2020

Weser: Von Holzminden nach Emmerthal

Weser-Tag 3: Gegen den Regen

gefahren im: Juni 2020
Start: Holzminden, Bahnhof
Ziel: Emmerthal, S-Bahnhof
Länge: 48 km
Weserquerungen: 3 (2 Brücken, 1 Fähre)
Ufer: anfangs links, meist rechts
Landschaft: Wald mit Mohn und dreieckigen Felsen
Wegbeschaffenheit:
meist Asphaltradwege
Steigungen: manchmal kurze
Wetter: Sonne, Wind und Regen
Wind: Gegenwind, wann immer sich der Weg mal kurz gen Westen wendet
Highlight: Burgruine Polle
Größte Hürde: Dauerregen am Ende
Zitat des Tages: "Zwei Euro, bitte." - in der Burgruine Polle -

1. Kehren Sie in Holzminden zum linken Ufer zurück - aber nur wenn Sie Burgen mögen und die Fähre in Polle fährt. Ansonsten bleiben Sie rechts. (Gucken Sie die Betriebszeiten der Fähre vorher nach, sonst müssen Sie mehrere Kilometer Bundesstraße fahren.) Die Strecke ist an beiden Ufern gleich lang.

2. Am linken Ufer rasten Sie am östlichsten Punkt Westfalens, der sich in der Mitte der Weser befindet, bevor Sie erneut Niedersachsen erreichen. Dort fahren Sie eine ganze Weile neben der Straße.


3. Entdecken Sie das umfangreiche Freizeitangebot in Heinsen: Gemeindeverwaltung, Kirche, Heimatmuseum, Fähre, Backofen.


4. Schließen Sie in Polle Ihr Rad am Supermarkt an und laufen Sie einmal um den Hügel, auf dem die Burgruine thront. Auf der anderen Seite dürfen Sie für zwei Euro rein. Vor der Kulisse des Wesertals sieht das alte Mauerwerk echt toll aus. Zwischen den Steinen stehen zwei moderne Stahlkunstwerke,  quadratische Holzbänke und diese welligen Holzbänke, die meist an der Ostsee stehen. Eine originale Geschosskugel für eine Balliste wurde kurzerhand in die restaurierte Wand eingemauert, damit sie niemand klaut oder abschießt. Die anderen Steine sind Bergsporne aus Muschelkalk. Auf Niederdeutsch hießen solche Brocken Poll. Jetzt wissen Sie auch, woher der Name Polle kommt.

Hier lebten die Grafen von Everstein, bis sich ihr Einfamilienhaus im Dreißigjährigen Krieg weitgehend in eine Ruine verwandelte.
Besteigen Sie den Bergfried, aber vergewissern Sie sich vorher, dass niemand aus einer anderen Familie drin ist, wegen der engen Treppen und Covid-19. Wie Sie das machen sollen? Keine Ahnung, stand halt so auf dem Schild. Rufen Sie halt durch die Tür: "Alle, die nicht mit mir verwandt sind, bitte rauskommen!"


5. Überqueren Sie die Weser auf der Gierseilfähre für einen weiteren Euro. Insgesamt kostet Sie Polle also drei Euro.
Am anderen Ufer erwartet Sie eine Wiese namens Heidbrinck. Die ist so hoch gelegen, dass sie einigermaßen sicher vor Überschwemmungen ist. Im Laufe der Jahre wurden immer mehr Versorgungsgebäude der Burg ans andere Ufer gelegt, und nach der Zerstörung der Burg spielte die landwirtschaftliche Musik nur noch dort.


6. Folgen Sie am anderen Ufer den Mohnblumen, den Möwen (was auch immer die hier zu suchen haben, bis zur Nordsee dauerts noch), der Straße (zumindest manchmal)...


...und dann staunen Sie: Die Weser hat also doch noch mehr Felsen. Hier ragen dreieckige, graue Felsen auf, die es schon mit den Kalkklippen an der Werra aufnehmen können.


Falls es anfängt zu regnen, finden Sie ein vierblättriges Kleeblatt. Das so entstehende Glück hält den Regen auf - leider nur für einige Stunden.


7. Haben Sie Hunger oder Lust auf die nächste tolle Innenstadt? Dann fahren Sie in Bodenwerder über die Brücke, biegen Sie rechts in die Fußgängerzone ab und speisen Sie im Cafe Mocca.
Dabei kommen Sie an einer Kolbendampfmaschine vorbei, welche bei Einwurf von einem Euro anfängt zu dampfen. Lesen Sie auf der Hinweistafel die kunstvolle Ballade darüber, wie dieses Gerät daran scheiterte, eine Garnspinnerei anzutreiben: Rechts der Weser macht es Bumm! Links fiel der Bürgermeister um! Sind Sie immer noch sicher, dass Sie einen Euro reinwerfen wollen?

Dahinter erhebt sich das Geburtshaus des Barons Hieronymus von Münchhausen.
Der Name Münchhausen sollte ja bekannt sein: Das war eine Art real existierender Käpt'n Blaubär, der unterhaltsame unwahre Geschichten erzählte, vor allem aus den zwölf Jahren, die er bei der russischen Zarin als Offizier tätig war. Diese Geschichten wurden gegen seinen Willen aufgeschrieben und verbreitet. Die bekanntesten Lügen stellt der Brunnen in der Fußgängerzone dar: Wie er auf einer Kanonenkugel reitend gegnerische Verteidigungsanlagen ausspionierte und wie er auf der Jagd Enten mit einem Kirschkern auf einer Schnur auffädelte. (Im Zeitalter von Atomwaffen und Veganismus sind diese Lügen sogar noch dreister.)
Auf dieser Persönlichkeit basiert im Wesentlichen der Fremdenverkehr der Stadt mit Münchhausen-Museum, Münchhausen-Spielplatz, Münchhausen-Grotte und Münchhausen-Toilette.
Es ist eine Schande, dass solch eine schöne Stadt keinen Bahnhof hat. Sonst wäre ich gern noch einmal für einen Tag hierhergefahren. Das Münchhausen-Museum, die Münchhausen-Sommerrodelbahn und das Münchhausen-Schwimmbad wäre genug Programm für einen Tagestrip.


8. Kehren Sie zurück ans rechte Ufer. Nun müssen Sie ganz kurz auf der Straße fahren. So sieht übrigens das Symbol vom Weserradweg aus.


9. Nach wenigen Metern dürfen Sie wieder auf einen Radweg. Fahren Sie an einer Sandsteinklippe. Achten Sie darauf, dass Ihnen keine Steine auf den Kopf fallen.


So sieht ein halber Berg aus, der von einem Steinbruch angefressen wurde.


Passieren Sie das Hüossen-Denkmal in Hajen. Aww, das sieht lustig aus mit der Katze!
Aber halten Sie im Regen nicht an, um sich die dazugehörige Geschichte durchzulesen. Die ist nämlich alles andere als schön: Die Bockdrivers alias Hüossen hatten den Job, Schiffe die Weser hochzuziehen, und wurden von den Dörflern offenbar verachtet und diskriminiert. Einmal klauten sie einem Wirt einen gebratenen Hasen. Der rächte sich, indem er sie das nächste Mal absichtlich einen gebratenen Kater klauen ließ. Das erklärte er den Hüossen triumphierend und dann wurde denen schlecht. Ende.
Deswegen wird das Dorf auch Katten Hajen genannt und der lokale Bäcker heißt Katzenbäcker. Ja, so habe ich auch geguckt. Haben die echt keine schönere Geschichte zur Identifikation?


Lassen Sie sich vollständig durchnässen, während Sie die Industrieanlagen von Emmerthal passieren. Die Weser hat hier die verantwortungsvolle Aufgabe, ein Kernkraftwerk zu kühlen.
Versuchen sie gar nicht erst, die Latferder Klippen zu finden. Diese Felsen tauchen nur bei Niedrigwasser auf und ärgern die Schiffe. Hier erreicht die Weser ihre Höchstgeschwindigkeit von 9 km/h.


10. Sie sind nass genug und haben keine Lust mehr? Dann überqueren Sie die Brücke von Emmerthal und steigen Sie in die S-Bahn. Auch heute haben Sie es leider nicht nach Hameln geschafft.

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